Cerberus

 

 

Der „Türsteher“ am Hölleneingang ist eigentlich unüberwindlich und doch bezwingbar, wie das Beispiel Orpheus zeigt:  in den mythologischen Darstellungen aller Perioden ist er als dreiköpfiges Hundewesen konzipiert.

 

Auf Grund der literarischen Vorlagen hat Cerberus vielfältige Bild-Formen gefunden; in jeder einzelnen von diesen ist er jedoch immer eindeutig zu definieren.

 

Im Dante-Zyklus von Trudy Wiebus nimmt das Cerberus Bild die 4.  Stelle ein, denn der Dante-Zyklus folgt der literarischen Vorlage nur bedingt.

 

In dem großen fast quadratischen Bild (90 x 100 cm) schieben sich im Wesentlichen zwei Farbwelten diagonal von oben links nach unten rechts gegeneinander. Bewegung entsteht durch die leuchtenden Lasuren in Gelb, Gold, Ocker, Zinnober im unteren Bereich und die Gegenrichtung der diagonal ins Bild einfallenden dunklen, opaken Wolke, die in drei Halbbögen herabsinkt. Diese  beschwert das Goldgelb und scheint es verhüllen zu wollen. Die Wolke tritt als aktives Element auf, die leuchtende Fläche wird sowohl zum Träger als auch zum formalen Widerpart.

 

Die genannten Farbbereiche schaffen außergewöhnliche Raumtiefe – einen Farbenraum ohne die Hilfe weiterer kompositorischer Mittel - und intensivieren sich aufgrund des starken Kontrastes gegenseitig, verklammern die Bildfläche. Der Blick des Betrachters wird auf die Grenzlinie fokussiert.

 

Die Bildaussage bleibt wunderbar ambivalent; denn die genannten Farbbereiche entfalten je einen eigenen Deutungshorizont mittels ihres starken Kontrastes. Mythos und poetische Vorlagen liefern Anhaltspunkte aber keinen eindeutigen Zugang.

 

Dr. K. Keßler